Wie wir Primeln retten und damit irgendwie auch die Welt

Manchmal zeigen uns Kinder mit ihrer unvoreingenommenen Sicht auf die Welt, wie einfach nachhaltiges Handeln sein kann. Letzten Samstag erlebte ich genau das durch meine achtjährige Tochter – und ja, es ging um Primeln.

Ein Besuch im Supermarkt mit ungeahnten Folgen

Wir waren in einem großen Supermarkt, um den Wochenendeinkauf zu erledigen. Während wir in der Obst- und Gemüseabteilung standen, entdeckten meine Kinder einige Frühblüher, die zum Verkauf angeboten wurden. Begeistert zogen sie mich zu den Pflanzen – genauer gesagt, zu drei Stiegen voller Primeln. Manche blühten noch kräftig, doch etwa zehn Töpfchen waren in einem erbärmlichen Zustand: verwelkte Blüten, trockene Erde – fast dem sicheren Ende geweiht.

Meine Kinder schauten mich mit großen Augen an und baten mich eindringlich, alle diese Primeln zu kaufen. Ihr Argument? „Wir müssen sie retten!“

Ich muss gestehen, dass ich Primeln eigentlich gar nicht so sehr mag und daher gar nicht vorhatte, welche zu kaufen. Aber meine Töchter waren fest entschlossen. Sie wollten sogar eine Verkäuferin rufen, damit diese die durstigen Pflanzen gießt. Doch ich erklärte ihnen, dass ich nicht glaube, dass sich noch jemand um die Blumen kümmern wird – am Montag würden sie vermutlich einfach entsorgt.

Kleine Taten mit großer Wirkung

Doch den traurigen Blicken meiner Kinder konnte ich nicht widerstehen. Also suchten wir eine Lösung: Sie durften sich einige der Pflanzen aussuchen, für die ich bereit war, Geld auszugeben. Es war für sie keine leichte Wahl – immerhin entschied sie über „Leben und Tod“.

Aber das reichte ihnen nicht. Sie wollten nicht nur einige wenige retten – sie wollten allen helfen. Also machten wir einen kleinen Umweg in die Getränkeabteilung, besorgten mehrere Flaschen stilles Wasser und gossen damit die verbliebenen Primeln. (Selbstverständlich bezahlte ich die leeren Flaschen an der Kasse.)

Am Ende waren meine Kinder glücklich: Sie hatten einigen Pflanzen ein neues Zuhause gegeben und den anderen zumindest eine Chance auf Rettung. Zuhause angekommen, wurden unsere neuen Mitbewohner erst einmal ordentlich gewässert und in eine Pflanzschale umgetopft. Während ich nun an meinem Laptop sitze, blühen sie neben mir in voller Pracht – und ich denke mir: „Hätte ich doch alle gekauft!“

Ein kleiner Schritt mit großer Bedeutung

Diese Geschichte mag banal erscheinen. Es geht schließlich nur um ein paar Primeln. Doch genau das ist der Punkt. Wir reden oft über die großen Probleme dieser Welt – Klimawandel, Artensterben, Umweltzerstörung – und fühlen uns von ihrer schieren Größe überwältigt. Kinder können diese Probleme nicht lösen, und sie sollten es auch nicht müssen. Aber sie können lernen, dass ihr Handeln zählt, dass sie etwas bewirken können, wenn sie aufmerksam sind und sich kümmern.

Wenn Kinder im Kleinen erleben, dass sie einen Unterschied machen – sei es durch das Retten von Primeln, das Aufsammeln von Müll im Park oder das achtsame Beobachten von Insekten – dann entwickeln sie Selbstwirksamkeit und Resilienz. Sie lernen, dass ihre Entscheidungen und ihr Handeln Bedeutung haben. Und aus dieser Haltung heraus kann später eine viel größere Verantwortung für die Welt erwachsen.

Kein Unterschied zwischen belebter und unbelebter Umwelt

Für Kinder gibt es oft keinen Unterschied zwischen belebter und unbelebter Natur. Ob eine Pflanze, ein Tier oder ein Gegenstand – entweder man geht respektvoll mit ihnen um oder nicht. Diese Wertschätzung ist es, die wir ihnen mitgeben sollten. Es geht nicht darum, alle Primeln der Welt zu retten. Aber es geht darum, ihnen zu zeigen, dass sie etwas bewirken können. Und wenn wir das schaffen, dann retten wir am Ende vielleicht doch irgendwie auch die Welt.

Was wir daraus lernen können

Diese kleine Geschichte zeigt, dass nachhaltiges Handeln nicht kompliziert sein muss. Wir können Kinder darin bestärken, ihre Umwelt bewusst wahrzunehmen und aktiv zu schützen. Indem wir ihnen vorleben, dass jedes Lebewesen – sei es eine Primel, ein Käfer oder ein Baum – Respekt und Aufmerksamkeit verdient, legen wir den Grundstein für ein nachhaltiges und verantwortungsbewusstes Leben.

Vielleicht können wir uns alle von der kindlichen Begeisterung und Entschlossenheit inspirieren lassen. Wenn schon kleine Taten eine so große Bedeutung für Kinder haben, wie viel mehr könnten wir gemeinsam bewirken?

Also, beim nächsten Supermarktbesuch – vielleicht bleibt ein Blick auf die Pflanzenabteilung nicht nur ein Blick. Vielleicht nehmen wir ein wenig mehr Wertschätzung für das Leben mit nach Hause – oder zumindest ein paar gerettete Primeln.